IN GEDANKEN BIS ZEHN

16. Juni 2016
Motherhood_Credit_Death of Stock

Photo by Death to Stock

Es ist ein nervenaufreibender Tag in meinem Leben als Mami. Emilian und ich stehen im Zara auf der Mariahilfer Straße. Es soll ein kurzer Besuch werden, lediglich ein paar T-Shirts für den Junior in die Einkaufstüte werfen. Wir fahren mit dem Lift in den zweiten Stock. Das Drama beginnt: Emilian will nicht aus dem Lift aussteigen. Er weint. Er tobt. Er schmeißt sich auf den Boden. Ich ahne schreckliches. Müdes Kind. Wie durch ein Wunder beruhigt er sich innerhalb weniger Sekunden, steht auf und steuert die Kinderabteilung an. Ich zögere nicht lange und schnappe mir ein paar Oberteile in seiner Größe. Nur keine Zeit verlieren.

Ich zahle und fordere Emilian auf, sein Laufrad zu nehmen. Er verweigert meine Bitte und erklärt, dass er nicht fahren will. Ich spüre wie die Luft dünner wird. Ich packe das spärliche Gestell unter meinen Arm in der Annahme, dass wir jetzt das Geschäft verlassen können. Und dann passiert es erneut: Er weint. Er tobt. Er schmeißt sich auf den Boden. Mit seinem Gebrüll beschallt er den ganzen Laden.

Ich bin noch recht gelassen, so etwas ist im Trotzalter nicht außergewöhnlich. Dass er müde ist, verschärft die Situation. Er will doch mit seinem Laufrad fahren, stellt es also wieder ab. Wo ich es abstelle, passt ihm nicht. Er kreischt. Tränen der Wut kullern über seine Wangen. Er wälzt sich am Boden. Ich bleibe ruhig, versuche ihn zu trösten. Nehme ihn in den Arm. Doch es hilft aber nicht. Der Versuch ihn abzulenken, prallt auf Widerstand. Ich beschließe einen Schritt zurück zu gehen. Durchatmen. Ich zähle in Gedanken bis zehn.

Emilian springt auf, rennt auf das Laufrad zu und schleudert es durch das Geschäft. Ich halte inne. Er lässt sich daneben wieder auf den Boden fallen und wütet mit hochrotem Kopf weiter. Doch was dann passiert, kann ich nicht fassen. Eine Dame steuert auf Emilian zu und schreit „C´est juste magnifique.“ Ich bin verwirrt. Was soll daran bitte schön sein? Im nächsten Moment greift sie nach dem Unterarm meines Sohnes, brüllt ihn an und will ihn vom Boden zerren. Ich gehe dazwischen und versuche ihren Arm von Emilian zu lösen. Sie krallt sich noch fester und schreit auf ihn ein.

„Wagen Sie es nicht mein Kind anzugreifen“ entgegne ich ihr entgeistert. Der Laden verstummt. Kein Atemzug. Niemand bewegt sich. Entsetze Blicke folgen der Frau, die wortlos aus dem Geschäft lauft. Und die Welt dreht sich weiter. Emilian tobt erst recht.

 

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4 Comments

  • Reply tara 16. Juni 2016 at 12:48

    …und was ist die moral von der geschicht?
    crazy people gibt es überall, kann mir vorstellen dein sohn war ziemlich geschockt dass ein erwachsener plötzlich so reagiert hat?

    • Reply Lena 16. Juni 2016 at 13:36

      Ich dachte noch „fein, soll ihm halt jemand anderer sagen, dass sein Benehmen nicht in Ordnung ist.“ Aber handgreiflich zu werden, bringt das Fass wohl zum Überlaufen. Wir waren alle kurzzeitig perplex. Dann hat Emilian erst recht getobt 😉

  • Reply Günther Smolej 16. Juni 2016 at 13:37

    Cooles Erlebnis. Wünsche weiterhin viel Spaß 😉

  • Reply IMMER EINMAL MEHR SUPER-ELTERN | mit Handkuss 4. Februar 2017 at 12:08

    […] Geduld und erhob gegenüber ihrem Kind die Stimme. Der Nachwuchs fängt an zu weinen, die entnervte Mutter ignoriert das Geschrei und packt den Einkauf fertig ein. Unerhört. Wo blieb das Jugendamt, wenn man es mal wieder […]

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